Mit dem eigenen Camper unberührte Natur entdecken, fernab von der Zivilisation seine Spaghetti Bolognese kochen und unter klarem Sternenhimmel schlafen. Dieser Version vom perfekten Abenteuer eifern immer mehr Leute nach. Der Begriff Vanlife, der diese Art von Lebensstil umschreibt, ist zurzeit in aller Munde. Die Möglichkeit aus dem Alltag auszubrechen, Zeit in der Natur zu verbringen und trotzdem selbständig und unabhängig zu sein ist für viele Menschen der Grund, warum sie im Van leben.
Der Begriff wurde vom amerikanischen Fashion Designer Foster Huntington geprägt, der 2011 aus seiner Wohnung auszog, um permanent in einem Campervan zu leben. Er hat seine Erlebnisse dabei auf Instagram dokumentiert und dazu den Hashtag #vanlife verwendet.
Vanlife ist an Anlehnung an den Begriff “thug life“ vom Rapper 2Pac entstanden und steht für Huntington wie “thug life” für einen Lebensstil, der nicht von äusseren Zwängen geprägt ist, sondern das Leben so zu leben, wie man will.
Heute ist Vanlife mit knapp sieben Millionen Einträgen eines der dominierenden Themen auf Instagram. Die Instagrambeiträge zu Vanlife sind vielseitig. Von Camper Ausbau Dokumentationen über liebevolle Inneneinrichtungen bis hin zu Campingreisenden, zu deren Alltagsbekleidung nur Badeanzug und Flipflops gehören, ist alles dabei. Trotz einer teilweise idealisierten Darstellung und aufwendig vorbereiteten Fotos, die im besten Fall den neuesten Influencer-Kriterien entsprechen, hat Vanlife seinen Reiz nicht verloren.
“Vanlife in der Realität ist nicht so, wie es auf Instagram aussieht”
Um diesem Trend weiter auf die Spur zu gehen und aufzuzeigen, was es braucht, um selbst Vanlife zu praktizieren, haben wir mit Sarah von Vanlife Explorer Schweiz gesprochen. Sarah lebt seit drei über Jahren im Van und ist dabei in ganz Europa unterwegs.
Sarah: Ich wollte meinen Lebensstil etwas minimieren. Ich habe in einer grossen Wohnung gelebt und hatte einen gutbezahlten Job, war aber nicht mehr wirklich zufrieden damit. Deshalb war es Zeit für eine Veränderung.
Sarah: Ja, das meiste entspricht meiner Vorstellung. Ich kann freier und selbstbestimmter leben. Die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben habe ich mir etwas einfacher vorgestellt. Manchmal ist es nicht so leicht neben der Arbeit den Alltag im Bus zu erledigen. Ich brauche auch im Bus Wasser, Strom und Internet und muss nebenher einkaufen gehen. Das dauert alles etwas länger und dessen war ich mir beim Einzug nicht bewusst. Die Instagram-Realität mit den schönen Fotos und Sonnenuntergängen gibt es, ist aber nicht der reale Alltag.
Sarah: Ich bin als selbständige Content Creatorin tätig und erstelle Texte und Inhalte für verschiedene Kunden. Ich arbeite durchschnittlich 15-20h pro Woche. Die Lebenshaltungskosten betragen je nach Land 400 – 600 Franken / Monat.
Sarah: In Norwegen, wo wir letztes Jahr mehrere Monate verbracht haben. Da ist es überall, wo man hinfährt, schön. Und in der Schweiz gefällt es mir in den Bergen gut, insbesondere im Gebiet um den Sustenpass.
Sarah: Die Natur und Vielfalt von Norwegen haben mich in den Bann gezogen. Wir starteten im Sommer und verliessen das Land Ende Winter. Die Nordlichter, die unendliche Weite, die Tierwelt und die zahlreich atemberaubenden Stellplätze sind einfach genial! Die Infrastruktur ist sehr Camper freundlich. Wir wurden nie weggeschickt oder gebeten, einen Stellplatz zu verlassen. Obwohl das Jedermanns Recht nur für Wanderer und Fussgänger gilt und Fahrzeuge nicht mit einbezieht, gibt es zahlreiche Stellplätze in der weiten Natur. Das einzige, was mir nicht gefiel, ist die Qualität des Essens. Gerade Brot backt man in Norwegen besser selbst. Da sind wir Schweizer echt verwöhnt.
Sarah: Der Sustenpass ist extrem lange und die dazugehörig Bergwelt einfach nur eindrücklich. Zudem gibt es dort einige Klettersteige und Wanderrouten, welche den Ausflug in diese Region perfekt ergänzen. Der Steingletscher ist besonders eindrücklich und die Sicht darauf echt atemberaubend. Die Tierberglihütte ist ein idealer Ausgangspunkt, um mehrtägige Wanderungen zu unternehmen oder nach dem anstrengenden Aufstieg einfach nur eine ‘heisse Schoggi’ zu trinken.
Sarah: Es gibt positive und negative Seiten. Gut ist, dass es aktuell einfacher ist einen geeigneten Platz zu finden, da weniger Leute unterwegs sind. Negativ ist, dass man als Vanlifer aktuell schneller verurteilt wird, da die Leute nicht wissen, dass wir im Van leben und nicht einfach zum Spass mit dem Van unterwegs sind.
Sarah: Einfach machen. In der Schweiz beobachte ich oft, dass Leute nicht losfahren, bevor nicht alles perfekt ist. Das heisst bevor das Büssli nicht perfekt ausgebaut ist und sie nicht mit mehreren Spezialisten gesprochen haben, um ihre Meinung einzuholen.
Der Verein Vanlife Explorer Schweiz wurde von Sarah Allmayer und drei weiteren Gründungsmitgliedern gegründet. Der Schweizer Verein setzt sich unter anderem für das bewusste Campen ein und organisiert regelmässige Camper Treffen in der Schweiz. Dabei führt der Verein Gleichgesinnte zusammen und fördert den Austausch in der Schweizer Vanlife Community. Erfahre hier mehr über den Verein.
Es gibt nicht viele Regeln, Anforderungen oder Bedingungen, um das Phänomen Vanlife auszuprobieren. Ein elementarer Teil von Vanlife ist es, sich genau auf das Nötigste zu reduzieren. Über folgende Punkte solltest du nachdenken, bevor du dein Leben in den Van verlagerst:
Die erste Voraussetzung für Vanlife ist das passende Fahrzeug. Wie der Name schon sagt, wird Vanlife normalerweise mit einem Van oder Campingbus gelebt. Diese Fahrzeuge sind kleiner als klassische Wohnmobile und mobiler als Wohnwagen. Viele erachten es auch, als Bedingung sein Fahrzeug selbst ausgebaut zu haben. Beliebte Basisfahrzeuge sind dabei VW Busse vom Typ T3/T4/T5 oder die etwas grösseren Transportfahrzeuge Mercedes Sprinter, VW Crafter, Fiat Ducato oder Citroën Jumper.
Mit einem Minimum an handwerklichem Geschick und grosser Motivation und Ausdauer kannst du dein Fahrzeug selbst nach deinen Vorlieben ausbauen. Dazu findest du online eine Vielzahl an Quellen, die dich durch den Ausbau führen. Schau dir dazu auch DYI-Serie Pimp My Camper von MyCamper an, wo wir Lukas beim Ausbau seines Citroën Jumper begleitet haben.
Wenn du keine Lust hast deinen Camper selbst auszubauen, kannst du dir deinen Van auch einfach kaufen. Schau dazu auf den beliebten Kaufplattformen wie www.autoscout24.ch nach deinem Wunschfahrzeug. Ein geeignetes Basisfahrzeug ist oft schon ab knapp 1000 Franken zu finden.
Die dritte und insbesondere für Vanlife Neulinge geeignete Variante ist das Mieten eines Fahrzeugs. Dadurch kannst du ohne Risiko zuerst mal ausprobieren, ob dir Vanlife soviel Spass macht, wie du es dir vorstellst. Zudem kannst du verschiedene Fahrzeuge testen, bevor du dich für eines entscheidest. Auf MyCamper stehen fast 500 Campervans zur Auswahl, wovon 88 keine Kilometerbegrenzung haben. Dadurch steht deinem Abenteuer nichts mehr im Weg.
Darüber wo man als waschechter Vanlifer übernachten sollte, gibt es verschiedenen Ansichten. Wir finden, dass du die Übernachtungsart wählen solltest, die dir am besten passt.
Die Übernachtung auf dem Campingplatz ist die komfortabelste Option. Du hast Strom, sanitäre Anlagen und meistens eine Verpflegungsmöglichkeit in der Nähe und bei grösseren Campingplätzen ein Unterhaltungsprogramm. Der Nachteil ist, dass du dir den Platz mit anderen Gästen teilen musst und insbesondere in der Hochsaison oft nicht viel Freiraum hast.
Bei der Suche nach geeigneten Campingplätzen helfen dir Seiten wie camping.info, wo Nutzer eigene Bewertungen verfassen. Ausserdem helfen dir auch Plattformen wie pincamp.ch, wo viele Campingplätze direkt online gebucht werden können. Diese Online-Plattformen arbeiten in der Schweiz mit dem TCS zusammen.
Stellplätze sind Parkplätze mit einer Basis Infrastruktur, die in der Regel von Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Manchmal ist eine öffentliche Toilette auf dem Stellplatz vorhanden, Duschen und Waschräume sind aber eher die Ausnahme. Vorteile der Stellplätze sind, dass sie in der Regel günstiger sind als Campingplätze. Je nach Lage und Saison sind aber auch diese gut ausgebucht.
Die dritte Option ist es wild zu campen. Diese wird oft von Vanlifers als einzig richtige Art von Vanlife bezeichnet. Dabei sucht man sich ein ruhiges Plätzchen in der Natur fernab von anderen Campers. Vanlifers, die wild campen, geniessen die Ruhe und Abgeschiedenheit. Nachteile vom wild campen sind, dass man auf sanitäre Anlagen verzichten muss.
Die rechtlichen Grundlagen und weitere Aspekte zum Thema Wildcamping haben wir in unserem Wildcamping-Guide erläutert.
Seit kurzem gibt es in der Schweiz noch eine vierte Option für die Übernachtung von Vanlifers. Das Startup Nomady bietet Plätze in der Natur an, die von einer Privatperson zur Verfügung gestellt werden. Die Vorteile sind, dass man sich den Platz nicht mit anderen teilen muss, aber gleichzeitig keine Angst haben muss weggeschickt zu werden. Bei einigen Plätzen gibt es auch WCs.
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Weiter findest du in diesem Artikel die besten Vanlife Bücher. Und hier findest du die tollsten Filme zum Thema Vanlife.
Adios Muchachos ✌️
Du hast die erste Vanlife Konferenz der Schweiz verpasst? Die gesamte Konferenz kannst du auf unserem YouTube Kanal nachschauen! Es erwarten dich spannende Panels zu den Themen Leben im Camper, Wildcamping in der Schweiz und das Ausbauen von Campingfahrzeugen.